Liebe ist
Mein Seelenpferd hat große Probleme mit den Hufen.
Und nein, es ist keine vorübergehende Sache, es ist angeboren, kein Haltungsfehler. Wir wissen es seit langem. Immer wieder wird es mal etwas schlimmer, dann einige Monate ganz gut, bis es wieder heftiger auftritt. Derzeit braucht sie wieder Hufschuhe und „Einlagen“. Gott sei Dank hat sie keine Schmerzen dabei.
Und jetzt die endgültige Entscheidung, nein, wir werden sie nicht mehr „richtig“ reiten, keine enge Wendungen, keine Dressur (Springen war ohnehin nie ein Thema).
Meine Lola wird das sein, was sie für mich schon immer war:
Gefährtin, Freundin, Seelenverwandte, Trösterin, ein Pferd zum Pferde stehlen. Ihre Aufgabe (denn ich bin der Meinung, jedes Lebewesen braucht eine Aufgabe) wird weiterhin sein, unsere kleinen Lolinokinder an das Lebewesen Pferd heran zu führen, sie wird weiterhin beim Coaching und in der sozialpädagogischen Begleitung unsere Assistentin sein, meine Stütze, meine Lehrmeisterin. Das alles schafft sie gut, auch Ausritte im Schritt gehen gut. Mehr muss nicht sein.
Was mich daran fasziniert sind die tieferen Ebenen des „Problems“.
Seit Monaten überlege ich, soll ich nach meinem schweren Sturz im Vorjahr überhaupt nochmals reiten? Ich genieße alle meine Pferde auch einfach so, kein Stress, nur sein. Und ja, die Angst reitet inzwischen mit. Ich bin über 60, mein Mann ist querschnittsgelähmt, einer pro Familie im Rollstuhl reicht eigentlich. Parallel zu Lolas Problemen haben auch bei mir die Handicaps im Bewegungsapparat angefangen, Knie, heftige Arthrose im großen Zeh und Vorfuß, man wird langsamer in allem. Offenbar spiegelt mich meine treue Seele auch hier.
Was mich aber vor allem sehr demütig macht – wie das Schicksal oder der große Geist oder der liebe Gott oft für uns Entscheidungen trifft, die wir kleinen Menschlein nie mit diesem Weitblick hätten treffen können. Hätte ich vorher so ganz genau gewusst, wie die Hufe meiner Schönen tatsächlich so aussehen, vielleicht hätte ich mich gegen einen Kauf entschieden. Und dadurch wäre mir das tollste Pferd der Welt entgangen. Ein Pferd, das ganz viel in meinem Leben verändert hat (und übrigens auch im Leben meiner Tochter), das mir neue Wege aufgezeigt hat, einen neuen Beruf, neue Möglichkeiten, Menschen zu helfen.
Und ist es nicht überall so? Das nicht ganz Perfekte fesselt uns, lässt uns innehalten, nachdenklich werden, neue Wege suchen. Perfekt ist langweilig. Lebewesen mit Handicap, Mensch oder Tier, ziehen mich an, immer schon, immer wieder. Es soll wohl so sein.
Dieses unperfekte Pferd ist so perfekt für mich, dass es mir bei dem Gedanken die Tränen in die Augen treibt.
Danke wieder einmal an die größere Weisheit des Universums und an die Geduld meines Herzenspferdes. Ich lerne und begreife.