Führungskraft?
Eine der Basisübungen jedes pferdegestützten Coachings ist es, führ das Pferd einfach mal über den Platz, es geht nicht um richtig oder falsch. Viele Menschen wollen gern führen, noch mehr
wollen gut geführt werden, und schließlich gibt es in einem Herdenverband ja auch die berühmte Leitstute, was auf den Menschen übertragen nicht bedeuten soll, dass Leitstute nicht auch ein Mann
sein kann.
Bei einer Pferdeherde wundern sich Laien manchmal, dass die Leitstute nicht die ist, die am größten oder stärksten ist. Manchmal ist ein Shetlandpony Anführer einer Truppe großer starker
Kaltblüter. Es ist auch nicht das schönste Pferd, nicht das, was am schnellsten rennen kann oder am längsten dabei ist.
In wenigen Worten – wenn ich eine Herde anführen will, geht es nur darum, alles zu tun, damit die Gruppe überlebt. Das Projekt, sozusagen, die gemeinsame Vision. Die Leitstute “weiß“ also – wo
gibt es gutes Wasser, gute Weiden, hat die Erfahrung gemacht, dass dieser Weg besser ist als der andere, kennt Abgründe und Spalten und Gefahren, egal von welcher Seite. Alles andere
interessiert ein Pferd nicht, es will in der gemeinsamen Vision heil ankommen. Und es ist keineswegs so, dass sich die am Ende der Hierarchie oder in der Mitte jetzt weniger gut fühlen,
Hauptsache ist, sie bekommen auch was ab von Wiese und Wasser und dürfen sich und ihre Nachkommen beschützt fühlen.
Und wer diesen Schutz gewährt, der ist eben Führungskraft. Pferde suchen nicht körperliche Stärke, nicht Schönheit oder Reichtum, Pferde wollen Souveränität spüren.
In der Herde leuchtet uns das jetzt ein, aber wenn wir nun als Mensch ein Pferd führen, dann sind wir nicht Herde, trotzdem möchte das Pferd spüren – Ja, diesem Menschen kann ich mich
anvertrauen, der sieht den Säbelzahntiger und bringt mich rechtzeitig zu Futter oder Wasser. Auf diesen Menschen kann ich mich verlassen, der „kennt die Richtung“. Je mehr Gedanken und
Eitelkeiten wir dabei vor uns her tragen, je größer die Sprechblase über unserem Kopf, umso weniger klappt das mit dem Führen. Nicht umsonst gelingt es oft Kindern viel leichter als uns
Erwachsenen, weil sie sich selbst und dass sie es können überhaupt nicht in Frage stellen. Natürlich selbstbewusst, souverän eben. Und das akzeptiert ein Pferd.
Leitstuten, echte, stehen übrigens meistens ein wenig abseits, sind nicht mitten drin im Getümmel, wollen nicht von allen geliebt werden.